Kindertaufe - Ablauf - Ritus

Der Ritus der Kindertaufe - Taufe in Brasilien


P. Herbert Douteil CSSp
Urwaldfluss
Diözese Cruzeiro do Sul / Brasilien

Missionsarbeit am Oberlauf des Amazonas

Was übel beginnt, endet noch schlimmer...
Cruzeiro do Sul, den 05.10.2007

Ein brasilianisches Sprichwort sagt "Was übel beginnt, endet noch schlimmer" - dass dies der Wahrheit entspricht, erfuhr ich am eigenen Leibe: Trotz einer starken Bronchitis fuhr ich am Samstagmorgen, den 21. September, zum Besuch der Gemeinde am Tauari. Dort sah ich, wie die seit gut einem Jahr im Bau befindliche Brücke endlich fertig geworden war. Die Schule war zwar verschlossen, aber in einer Bar konnte ich meine Gemeinde versammeln - gewiß kein normaler Ort für eine Messe, doch durfte ich sogar eine größere Zahl von Beichten hören; und über die Zahl der Kinder würde sich jeder Pfarrer in Deutschland glücklich schätzen!

 

Am nächsten Tag hatte ich vier Messen auf dem Programm - am Ende der ersten brach ich zusammen; die Brille hnterließ auf meiner Stirne ein blutiges Mahl, blieb aber zum Glück nur verschoben, und ich konnte sie mit einer kleinen Zange bald wieder zurechtbiegen. Bei der nächsten Messe in einem Privathaus hatte ich neben den Beichten elf Taufen und eine Hochzeit. Es war unendlich heiß, dass man fast nicht atmen konnte. - Dann ging es zur dritten Messe in einer Schule in der Gemeinde São João, die ich so lange schon wieder einmal hatte besuchen wollen; ob die kleine Jaqueline, die ich vor vier Wochen kurz vor dem Sterben hatte taufen können, mir diese Gelegenheit erbeten hat? Dort muß ich gleichsam auf dem Nullpunkt beginnen - und das hieß in diesem Fall: Die vielen Namen der zu taufenden Kinder und Jugendlichen aufschreiben - eine lange Liste; auch hier wieder starke Hitze, und der Kreislauf sackte offenbar wieder so ab, dass ich erneut zu Boden ging. - Aber es folgte noch eine vierte Messe in einer bis auf den letzten Platz gefüllten Schule, die ich gut überstand. Am Montagmorgen war ich, wie abgemacht, um 7:30 an der Brücke des Liberdade, erwartet vom jungen Katecheten Leílson und dem erfahrenen Motoristen Átilon. Die Sachen waren bald eingeladen, das Auto abgestellt, die Fahrt den Fluß hinunter begann. Wie erwartet, hatte er wenig Wasser, doch das machte Átilon keine Schwierigkeiten. Die Gemeindebesuche und die Gottesdienste verliefen in der geplanten Reihenfolge, der Husten nahm ab - es schien alles in Ordnung zu gehen, aber am zweiten Tag stellte sich ein täglich stärker werdender Durchfall ein, den ich keinem Missionar auf einer solchen Reise wünschen kann. Denn wo ist die notwendige Toilette zum Zeitpunkt, wenn man sie benötigt?

 

Trotzdem hielt ich die Augen für die Umwelt offen - die etwas angestrengten Bronchien verrieten es sowieso, dass die Luft geschwängert war mit Rauch, der die Sicht auf die übernächste Flussbiegung manchmal unmöglich machte. Dieses Jahr war in Brasilien gekennzeichnet durch eine ungewöhnliche, so starke Lufttrockenheit, dass sie jener der Sahara nahe kam; die Bauern in Mittelbrasilien haben natürlich trotzdem wieder ihre Felder abgeflämmt, es kamen nicht geplante oder auch kriminell gelegte Wald- und Flächenbrände hinzu; eine vom Südpol kommende Kaltfront brachte die mit Rauch geschwängerte Luft zu uns. Selbst im Urwald hatten viele Bewohner davon Atembeschwerden; das Schauspiel besonderer Art war allerdings der blutrote Mond am Abend und die genau so rote Sonne am Morgen - wie lange hält die Natur Brasiliens diese Misshandlung noch aus?

Die Gottesdienste waren wieder gut besucht und durch Leilsons Guitarrenspiel aufgelockert, ich hatte viele Beichten, knapp zwanzig Taufen, viele Kommunionen und sogar fünf Firmungen, aber nur zwei Trauungen. Ein Übel, dass die Jugendlichen mit der Hochzeit warten, bis sie gleichzeitig das erste Kind taufen lassen können - ob es hier anders ist als in der Heimat?

Die Schwierigkeiten der Bauern mit dem Transport der Farinha waren bei diesem Niedrigwasser wieder sehr groß. Jetzt fahren sie nicht mehr wie früher den Fluß bis Ipixuna hinunter, wo die Nachfrage sehr gering ist und die Bauern lange nach Käufern suchen mussten, sondern sie fahren jetzt den Fluß hinauf bis zur Brücke, wo sie das Maniokmehl sogleich verkaufen können und nicht lange um einen relativ guten Preis feilschen müssen - dies ist natürlich positiv, aber zunächst müssen sie bis zur Brücke kommen, und vorher liegt eine nicht ungefährliche Stromschnelle! Unserem kleinen Kanu und seinem erfahrenen Motoristen bereitete sie allerdings keine Schwierigkeit, aber auch Átilon brachen zwei Schiffsschrauben am letzten Tag!

Meine gesundheitlichen Schwierigkeiten nahmen nicht ab, die Leute merkten mir auch an, wie schwer ich mich tat. Sie wollten mir auch helfen und schenkten mir die letzten Tabletten - ein Händler ein Gefäß mit Hustensaft, ein Stadtverordneter kaufte in Ipixuna mir ein weiteres Gefäß. Sogar erhielt ich eine Rolle Toilettenpapier - in jenen Orten mehr als eine Seltenheit! Am Sonntag hatte ich die Entscheidung zu treffen: Sollte ich noch eine ganze Woche mit zusammengebissenen Zähnen durchzuhalten versuchen - oder nicht doch den letzten Teil der Fahrt auf später verschieben? Hatte ich nicht schon in der Radiodurchsage vorsorglich darauf aufmerksam gemacht, dass ich wegen der Gesundheit die Reise eventuell würde unterbrechen müssen und die Leute dann auf den erneuerten Plan warten sollten? In der Gemeinde Santa Catarina gibt es ein Gemeinschaftstelefon. Wer eine Telefonkarte hat, kann von dort telefonieren. Eine Frau stellte mir gleich die ihrige zur Verfügung - und das Wunder geschah: Ich hatte gleich Bruder Albert in Cruzeiro do Sul an der Leitung. Er war gerade von der Messe in der Kathedrale gekommen und hatte gefrühstückt. "Ich muß die Desobriga abbrechen! Sei so gut, hole mich morgen um 12:00 an der Brücke am Liberdade ab." - "Ich komme", war die knappe Antwort.

 

Am Sonntag hatte ich auf der Hinauffahrt noch zwei Gottesdienst, am Montag noch einen. Am Sonntag entstand auch das Foto mit dem Jäger, dem Fell und Schädel der erlegten Onça und dem für diese Großkatze tödlichen Gewehr. Leider habe ich den blank polierten Schädel und das Fell nicht fürs Museum erwerben können - das wäre wirklich ein würdiges Ausstellungsstück, zumal ich dazu auch noch den genauen Ort und Tag hätte erfahren können!

Ich kam genau um 12:00 an der Brücke an, und als ich den Benzin prüfte, der noch übrig geblieben war, danke ich im Herzen dem Schutz der Engel: Es war zu wenig, als dass ich die Hinauffahrt damit hätte durchführen können! Und als ich auf die Hostien schaute, wurde mir klar, dass auch deren Zahl sehr knapp war. Ich hatte zwar im Laden des Bischofs eine Tausenderpackung gekauft - aber ich bin davon überzeugt, dass ich bei genauem Nachzählen nicht auf mehr als 700 gekommen wäre. Ob also die Schutzengel auch auf diese Weise zeigen, dass ein Durchfall einen vor größerem Ungemach bewahren kann?

Die Leute sind inzwischen informiert, dass es meiner Gesundheit wieder besser geht und ich die abgebrochene Desobriga nach dem Flug nach Deutschland und der Teilnahme am "Tag der Weltkirche" am 20.10. in Hamburg im November zu Ende führen werde - hoffen wir, dass die Schutzengel weiterhin ihr Wächteramt ausüben!