P. Herbert Douteil CSSp
Jesus-Schriftzug am Flussufer
Diözese Cruzeiro do Sul / Brasilien

Missionsarbeit am Oberlauf des Amazonas

Bericht von Dr. Biskup über den Einsatz im Projekt "Jesuskind von Nazareth"
Cruzeiro do Sul, den 26. Oktober 2011

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Einsatzorte:
Cruzeiro do Sul sowie Mâncio Lima, Rodrigues Alves und Guajará / Brasilien - Ac

Teilnehmer unseres diesjährigen Einsatzes in der Zeit vom 18.09. - 14.10.2011 waren:

  1. Dr. Lothar Biskup, Kinderarzt i. R. aus Neuss: Kinderärztlich - kinderneurologische Untersuchungen (von allen neuen Patienten und viele Kontrolluntersuchungen), Therapiebewertung und neue Therapieplanung -- wie in jedem der vergangenen Jahre.
  2. Christian Steiger, Dipl. Logopäde aus Mannheim und München, wie schon im Vorjahr.
  3. Monika Biskup, MTA und Sonderpädagogik, auch sie arbeitet seit Jahren im Projekt mit.
  4. Jasmin Bitschnau aus Zuzwil/ Schweiz; Dipl. Logopädin, erstmalig mit dabei.

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Zu den Personen:
a.) Ich selbst bin als Kinderarzt durch die jährlichen Arbeitseinsätze seit 2004 im Projekt bzw. in der Fundação ja hinlänglich bekannt. Sprachlich komme ich erfreulicherweise von Jahr zu Jahr besser ohne Dolmetscher aus. Alle gemeinsamen Hausbesuche sind in voraus nach Absprache und vorheriger Auflistung der meinerseits dringlich zu untersuchenden Kinder bestens vorbereitet und werden von den zuverlässig und engagiert arbeitenden Coordenadores begleitet.

b.) Christian Steiger wird selbst aus seiner Sicht über seine Arbeit und die aktuelle Situation hier berichten.

c.) Monika Biskup hat beim diesjährigen Arbeitsbesuch wieder viele Anregungen und Einführungen in die sonderpädagogische Arbeitsweise und Spieltherapie gegeben, gerade auch für die neu hinzugekommenen Orientadoras. Zudem konnte sie sehr viel spezielles Arbeitsmaterial aus Deutschland mitbringen und mit Anleitung zur Nutzung übergeben.

d.) Jasmin Bitschnau war dieses Jahr als junge Logopädin erstmalig hier im Einsatz dabei. Auf Grund ihrer guten Ausbildung, bereits mehrmonatiger Berufspraxis und ihrer sehr guten portugiesischen Sprachkenntnisse fiel ihr der Einstieg leicht und sie hat von Anfang an – ohne Dolmetscher -- mit viel Einfühlungsvermögen und Engagement die Kinder logopädisch untersucht und mit den betroffenen Kindern und deren Eltern gearbeitet.

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Die Anzahl der momentan durch die Fundação betreuten Kinder liegt bei mehr als 150 Kindern. Glücklicherweise konnten nämlich seit unserem letzten Arbeitsbesuch wiederum etliche, vor allem geistig behinderte Kinder durch Aufnahme in die Regelschule - oft mit einer zusätzlichen Fachkraft -- weiterversorgt werden, -- dies auch auf Grund der staatlich angestrebten „Integração“ resp. sogar „Inclusão“ !

Unser Einsatz konnte durch die vorherige Übersendung unserer „Wunschlisten“ wieder gut vorgeplant und zeitlich - räumlich exakt als Einsatzplan und Route vorbereitet werden. Das ist besonders wichtig wegen der recht großen Entfernungen von Haus zu Haus und wegen des notwendigen Transportes. – Nach wie vor halten wir die Betreuung der Kinder durch Hausbesuche -- trotz des nicht unerheblichen zeitlichen und Wege-Aufwandes -- unter den hiesigen Gegebenheiten für den besten Weg. Dies gilt sowohl für die ärztlichen oder auch die logopädischen Untersuchungen wie auch für die regelmäßigen “therapeutischen Hausbesuche” der Orientadoras. Diese Form des Arbeitsansatzes sollte also beibehalten werden, z. B. auch um die Situation der Kinder in ihrem individuellen Umfeld mit zu bewerten und sich auf die Gegebenheiten einzustellen und die ganze Familie in die Therapie einbeziehen und anleiten zu können.

Bei unseren gemeinsamen Hausbesuchen konnte ich so wiederum die aktuelle Entwicklung der Kinder bewerten, der Therapeutin somit auch die erforderliche motivierende Rückmeldung und Würdigung ihrer Arbeit geben und ferner das weitere Vorgehen für die nächsten Monate besprechen und festlegen. -- Christian Steiger und Jasmin Bitschnau haben uns bei den meisten Hausbesuchen begleitet, um die Kinder gemeinsam zu beurteilen. In so mancher Situation konnten die beiden logopädischen Fachleute die Kinder bezüglich ihrer oft schwer beeinträchtigten Mund- und Zungenfunktion unmittelbar gesondert befunden und sofort zusätzliche förderliche Behandlungen zeigen und dazu anleiten.

Gegen Ende ihres jetzigen Arbeitseinsatzes haben beide Logopäden gemeinsam eine mit Fotos und Videosequenzen unserer Projektkinder sehr anschaulich und gut vorbereitete Fortbildung für alle Mitarbeiter des Projektes durchgeführt zum Thema Mund- und Zungenmotorik, Schluckstörungen, Sprachanbahnung etc.

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Ein paar Zahlen zu den diesjährigen ärztlichen Untersuchungen im September / Oktober 2011: (das sind Verlaufskontrollen nach meinen Vorgaben, aber auch Wiedervorstellungen auf Wunsch des Projekt-Teams oder der Eltern sowie neu aufgenommene Kinder):

In Cruzeiro do Sul: 59 Kinder (in 2010: 52 - in 2009: 53)
In Mâncio Lima: 20 Kinder (in 2010: 21 - in 2009: 29)
In Rodrigues Alves: 23 Kinder (in 2010: 13 - in 2009: 19)
In Guajará: 28 Kinder (in 2010: 30 - in 2009: 36)
Zusammen: 130 behinderte Kinder.

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Einige Notizen zu den Behinderungen und zum Verlauf:
Für ein jetzt 6 Jahre altes Mädchen mit schweren angeborenen vielfachen Gelenkfunktionsstörungen konnten wir vor unserer Abreise in einer süddeutschen Spezialklinik hilfreiche Vorschläge für operative Korrekturen einholen. Dabei war zunächst geplant, dass dies vielleicht durch den sehr tüchtigen orthopädischen Chirurgen in Cruzeiro do Sul durchgeführt werden könnte; was aber wegen eines fehlenden größeren, erfahrenen Operationsteams problematisch wäre. Vor Ort haben wir dann erfahren, dass solche mehrfachen und schwierigen Operationen voraussichtlich eher im „Centro Sarah Kubitschek“ in Brasilia machbar sind. Dies haben wir ausführlich mit dem Chirurgen besprochen. So hoffen wir, dass demnächst diese Operationsplanung und damit die Therapie starten kann.

Sehr erfreulich ist für uns, wiederum berichten zu können, dass erneut etliche Kinder, die durch diverse Fußfehlbildungen gehbehindert geboren wurden, inzwischen durch den schon genannten ortsansässigen Kinderorthopäden operativ sehr erfolgreich korrigiert werden konnten.

Die nötige physiotherapeutische Nachbehandlung wurde wie üblich sehr routiniert von unseren Orientadoras durchgeführt. Nach wie vor mussten wir auch in diesem Jahr immer wieder einmal mit Eltern geradezu „kämpfen“, sich doch endlich nicht mehr gegen die notwendigen und sehr aussichtsreichen Operationen bei ihrem Kind zu widersetzen. Warum tun sie das? Aus Angst vor der Operation, vor der Narkose, vielleicht sogar aus Angst vor dem Verlust der kleinen staatlichen Rente wegen der Behinderung des Kindes??

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Zusammenfassende Bewertung unseres Besuches im Herbst 2011:
1.) Regelmäßig werden in der Fundação alle bekannten Therapiemethoden angewandt. Leider konnten wir allerdings seit 2004 bis heute keinen Ergotherapeuten mehr für die Mitarbeit gewinnen! Die Bemühungen gehen aber weiter, denn hier wäre Schulung / Fortbildung nötig.

2.) Bei sehr vielen Kindern, die schon seit längerem in der Stiftung betreuten wurden, fanden wir wiederum eindeutige Verbesserungen verschiedenen Ausmaßes. Die Dankbarkeit der Familien und das Glück dieser Kinder sind wohl nur zu verständlich.

3.) Mit großer Dankbarkeit und Respekt möchten wir zum wiederholten Male wieder das große Engagement, die Motivation und Einsatzfreude und die überzeugende emotionale Zuwendung der brasilianischen Mitarbeiter erwähnen und dabei auch die beachtlichen beruflichen Weiterentwicklungen hervorheben: zunehmende fachliche Sicherheit und Selbstständigkeit praktisch aller Mitarbeiterinnen, zielstrebiges Handeln und eine erfreuliche Professionalität . Dieses Leistungsniveau und der Ideenreichtum bei der Weiterentwicklung und Umsetzung der individuellen Therapien war für uns alle beeindruckend.

4.) Seit einigen Monaten arbeitet Helen Gleicia Saraiva de Oliveira als diplomierte Physiotherapeutin in der Fundação mit. Sie hat uns dieses Jahr auf allen Hausbesuchen begleitet; so haben wir gemeinsam die Kinder beurteilen können; ein großer Gewinn! In den folgenden Wochen wird sie nun die Orientadoras gezielt für die jeweils individuelle Therapie einzelner Kinder anleiten.

5.) Zusätzlich zu dieser regelmäßigen Physiotherapie-Schulung unmittelbar zwischen Helen und einer Orientadora sind auch weiterhin möglichst regelmäßige Fortbildungen in den anderen Therapiemethoden der Heilpädagogik, der Ergotherapie und der Logopädie notwendig. Die Mitarbeit zweier Logopäden beim jetzigen Besuch war Anlass für die schon erwähnte große Fortbildung aus ihrem Fachbereich der Logopädie. Daran haben praktisch alle Mitarbeiter fast vollzählig und gut motiviert teilgenommen.

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Zum Schluss ist uns ein Bedürfnis, Herrn Pater Dr. Herbert Douteil CSSp, dem geistigen Vater und Gründer des Behindertenprojektes, sowie dem Präsidenten der Stiftung, Herrn Valderi Souza und seinem Stellvertreter, Herrn Valdenísio Martins, sowie jedem einzelnen Mitarbeiter des Teams ganz herzlich zu danken für die hervorragende Zusammenarbeit bei dieser großen Visite hier im Acre. Unser nächster Besuch kann hoffentlich 2012 stattfinden, -- se Deus quiser -- um das erfolgreiche Projekt weiter zu begleiten. 'Menino Jesus de Nazaré' hat sich als Projekt insgesamt ebenso wie auch jeder Einzelne in der Stiftung sehr positiv weiterentwickelt.

Zum Abschluss unseres aktuellen Einsatzes wünschen wir allen Projektmitarbeitern weiterhin viel Erfolg, Befriedigung bei der Arbeit und Gottes Segen bei der so wichtigen und lohnenden Betreuung unserer behinderten Kinder und ihrer Familien. Wir hoffen ganz dringend und zuversichtlich, dass die erforderliche finanzielle Basis für die Arbeit der Stiftung langfristig gesichert werden kann zum Wohle der Kinder. Von der Organisation her (geleistet durch die Coordenadores) und von Seiten der therapeutischen Arbeit (realisiert durch die Orientadoras) machen wir uns um das Projekt keine Sorgen!

Monika und Dr. med. Lothar Biskup