P. Herbert Douteil CSSp

Diözese Cruzeiro do Sul / Brasilien

Missionsarbeit am Oberlauf des Amazonas

Weltmissionssonntag – einmal anders
Nicht immer läuft es nach menschlichem Plan - die Gedanken Gottes sind oft ganz von den unseren verschieden. Deshalb müssen wir anerkennen: Wir sind nur "unnütze Diener".


Cruzeiro do Sul, den 27.10.2003

Meine lieben Freunde, Euch und all unseren Lieben einen herzlichen Gruß, da der Weltmissionssonntag hinter mir liegt - der so ganz anders verlief, als ich es mir gedacht und geplant hatte ....

Ja, es sollte der Höhepunkt des "missionarischen" Jahres werden mit der Taufe von knapp fünfzig im Laufe eines Jahres durch monatliche Besuche und die Ausbildung der indianischen Katecheten mehr oder weniger gut vorbereiteten Indios. Der Mensch dachte, aber Gott - dachte anders...


Indios bei der Taufe ihrer Kinder.
Am gestrigen "Weltmissionssonntag" bin ich um 6:00 aufgestanden, habe in der Franziskuskapelle am Liberdade den Altar gerichtet... und dann mit meinen Begleitern auf die "Massen" gewartet, die kommen sollten. Aber wir wurden schwer enttäuscht: es kamen nur eine Frau und einige wenige Kinder zur Messe um 8:00. Alle anderen seien zu einer vom IBAMA (Forstbehörde) einberufenen Versammlung gegangen. Einer der Bewohner weiter im Landesinnern habe ein riesiges Stück Urwald gerodet und ohne Erlaubnis auch abgebrannt, von der Behörde sollten die entsprechenden Gegenmaßnahmen erläutert und verkündet werden.

Ich zelebrierte, so gesammelt, wie es ging - und tröstete mich mit der Aussicht auf die Tauffeiern bei den Indios - Frucht der langen Vorbereitungszeit und der vielen Besuche im Laufe von einem ganzen Jahr - ein wirklicher "Weltmissionssonntag" also, der vor mir lag...

Wir gingen auf die andere Flussseite, ich fuhr los bis zum ersten Halt in "Bananeira", der ersten Indiosiedlung ihres Wohngebietes. Die beiden Katecheten Paulo und "Bimba" waren mit dem Motorrad schon hingefahren und erwarteten mich.
Die Indios kamen nach und nach, einige wenige Männer, viel mehr Frauen und sehr viele Kinder. Eigentlich hätte der zuständige Lehrer schon alle Namen aufschreiben sollen, aber nur zwei hatte er auf dem Block, und bei ihnen fehlten auch die Namen der Eltern, Geburtsdaten und -ort. Es hatte durch den zuständigen Katecheten trotz all meiner vorhergehenden Besuche so gut wie keine Vorbereitung gegeben, die nur der Stammessprache mächtigen Frauen und erst recht die Kinder verstanden mich nicht. Ich hielt eine möglichst konzentrierte Katechese und ließ sie vom Lehrer in die Stammessprache übersetzen - sagte einen späteren Besuch an, bei dem ich alles ergänzen würde - und dann taufte ich mit recht schlechtem Gewissen sieben Kinder.


Plakat am Beginn des Indioreservates der Katukina.
Es war ungefähr 11 Uhr, als ich weiterfuhr, wobei mich die jungen Männer begleiteten, die in "Samaúma", dem nächsten Dorf, Fußball spielen wollten - "aber erst nach der Tauffeier", wie sie mir feierlich versprechen mußten. Ich war genau im Zeitplan. Aber als ich nach "Samaúma" kam, sah ich gleich, dass etwas nicht stimmen konnte. Die Schule war noch geschlossen, kein Mensch dort. Also fuhr ich ins Dorf hinein, wo all meine Katecheten auf mich wartend in einer der Hütten saßen. Aber keiner der Indios. "Alle Männer, auch die der beiden restlichen Siedlungen "Martins" und "Campinas", sind mit einem riesigen Korb voller Lianengift zu einem Fischfang an den Unterlauf des Campinas gezogen. Der Chef des Dorfes "Campinas" hat schon eine Flasche Schnaps gesoffen und allen anderen - auch uns, den Katecheten - angeboten.
"Sie werden gegen Nachmittag wieder kommen... ", sagte mir José, der Chefkatechet, welcher natürlich den Schnaps nicht angenommen hatte.

Was sollen, was können wir machen? Wir haben doch von unserer Seite alles getan, was man tun konnte: die Indios waren benachrichtigt. Ich habe sogar vorgestern noch mit Nilo, dem Hauptkatecheten der Indios, gesprochen. Er hatte versprochen, alle anderen Gemeinschaften noch einmal zu benachrichtigen und auch eine letzte Vorbereitung der Eltern durchzuführen. "Was fehlte also??", fragte ich ratlos. "Nilo ist auch mitgegangen", war die trockene Bemerkung von José, der genau so enttäuscht war wie ich und die anderen Katecheten. Keiner wusste einen anderen Rat, als dass wir für dieses Mal einfach alles absagten... Also fuhren wir zurück.

Ich hielt noch im nächsten Indiodorf "Martins" und fand bestätigt, was José gesagt hatte: Auch "Chefkatechet" Nilo war, wie schon José gesagt hatte, nicht da. Damit war also der Weltmissionssonntag wesentlich anders gelaufen, als ich es mir vorgestellt hatte. Am Freitag werde ich die Katecheten zur monatlichen Schulung treffen, dann werde ich mit ihnen das weitere Vorgehen überlegen.

Welches ist nun die Lektion, die mir der Herr der Mission hat verpassen wollen?? Ich kann nur wiederholen: Gottes Gedanken sind nicht die unseren - wir sind nur "unnütze Knechte".

Anmerkung vom 2.11.2003:
Gestern holte ich den Besuch bei den Indios nach und konnte insgesamt 38 Kinder taufen!