P. Herbert Douteil CSSp
priesterweihe
Diözese Cruzeiro do Sul / Brasilien

Missionsarbeit am Oberlauf des Amazonas

Neuzugänge für das Museum der Missiologie und Anthropologie

Cruzeiro do Sul, 13.01.2013

Unser Museum hat einige unerwartete Leihgaben erhalten - davon habe ich bisher zur träumen können! Ich hatte Bischof Herbst besucht und kam auf seinen alten Bischofsstab zu sprechen, den er nicht mehr gebraucht, weil er ja kein amtierender Bischof mehr ist und der Stab auf einem Schrank lag. Ob ich ihn nicht im Museum aufbewahren könnte? Die Frage war kaum ausgesprochen, als sie auch schon erfüllt wurde: Schwester Maria da Paz, die Dom Luis betreut, holte eine dreieckige Tasche aus steifem Stoff und wickelte den Stab aus: die schwere Krümme aus vergoldetem Messingguss in neubarockem Stil des ersten Bischofs unserer Prälatur vom Alto Juruá, Bischof Heinrich Ritter, der diesen Stab benutzt hatte.

Geboren war Bischof Ritter am 6.5.1879 in Niederndorf im Rheinland. Er trat als einer der ersten Schüler in die neue Missionsschule Knechtsteden ein, hat seine Studien in Frankreich vollendet und wurde am 28.10.1904 zum Priester geweiht. Zuerst arbeitete er in Ostafrika, wo er wie die anderen deutschen Missionare während des 1. Weltkrieges interniert wurde, konnte aber schon 1919 nach Deutschland zurückkehren, wo er sechs Jahre am Wiederaufbau der Provinz arbeitete, ehe er in den Generalrat gewählt wurde und in Paris im Mutterhaus tätig war. 1935 wurde er zum Bischof für den Ordensbezirk des Oberen Juruá ernannt und am 25.09.1935 in Fribourg in der Schweiz zum Bischof geweiht und hat offenbar zu seiner Weihe diesen speziell für ihn gearbeiteten Stab geschenkt bekommen und mit nach Brasilien gebracht.

In der Mitte der Krümme sieht man das liegende Lamm Gottes, das ein Kreuz hält. Diese Krümme, an der sich einige krabbenartige Ausbuchtungen befinden, ist sehr sorgfältig vergoldet. Oberhalb der Stelle, wo die Krümme in drei Rohre verschraubt wird, sieht man stehend die Gestalt Jesu stehend, der auf sein entflammtes Herz zeigt, auf der entgegen gesetzten Seite steht Maria, die auf ihr entflammtes Herz weist.

Bischofsstab von Bischof Heinrich Ritter
Bischofsstab von Bischof Heinrich Ritter

Bischofsstab von Bischof Heinrich Ritter, der ebenfalls von Bischof Luis Herbst verwendet wurde.

Auf der dem Träger zugewandten Seite sieht man das Bischofswappen von Bischof Heinrich Ritter eingraviert. Sein Bischofswappen ist zweigeteilt: Auf der linken Seite sieht man eine Abwandlung unseres Ordenswappens: die Taube des Hl. Geistes über dem Herzen Marias, auf der rechten Seite oben ein vierblättriges Kleeblatt, unten eine Pflanze mit zwei runden Früchten; darunter sein Bischofsspruch: IN PATIENTIA ET CARITATE – „In Geduld und mit Liebe“. – Drei Rohre sind mit der Krümme zusammenschraubbar und ergeben eine Gesamthöhe des Stabes von 185 cm; da die Krümme sehr massiv ist und auch die Rohre aus vergoldetem Messing sind, wiegt der Stab ca. 3,5 kg!

Bischof Herbst hatte diesen Stab benutzt, bis er im Januar 2000 abgedankt und sein Amt an Dom Mosé Pontello übergeben hat, der einen sehr einfachen Holzstab als Bischofsstab hat.

Bischofsstab von Bischof Heinrich Rüth

Bischofsstab von Bischof Heinrich Rüth.

Zugleich brachte die Schwester auch einen schwarzen Kasten – und in ihm lag der Bischofsstab von Dom Heinrich Rüth – und dazu habe ich unter dem Material der leider noch nicht realisierten Ausstellung über seine Tätigkeit folgende Angaben gefunden:

Am Samstag, den 1. Oktober 1966, schrieb die WAZ unter der Überschrift: „Bischofsstab wird in drei Teile zerlegt. – Für Pater Heinrich Rüth – Leicht musste er sein. Bei seiner Weihe zum Bischof von Cruzeiro do Sul (Brasilien) am Sonntag um 15:30 in der Münsterkirche wird der 53jährige Spritanerpater Heinrich Rüth aus Steele auch der Hirtenstab überreicht. Die Gläubigen werden ein mannshohes Schmuckstück aus Silber und Emailleplatten bewundern. Wenn Bischof Heinrich Rüth seine Reisevorbereitung für die Fahrt ins Amazonasgebiet trifft, dann wird er seinen Hirtenstab in einem kleinen handlichen Koffer bei sich tragen. Das Zeichen seines Hirtenamtes ist nämlich zusammenklappbar. Als der Essener Juwelier Albert Classen jun. (33) den Auftrag erhielt, wurde eine Bedingung gestellt: Der Bischofsstab sollte leicht und handlich werden, denn Heinrich Rüth hat im Amazonasgebiet kilometerweite Strecken zurücklegen.
Nach Entwürfen seiner Frau, der begabten Gold- und Silberschmiedin Beatrix Classen [Classen-Hohmann] (26) arbeitete Albert Classen den Stab aus Silberplatten. Zwei miteinander verschraubbare Rundstäbe in den unteren beiden Dritteln und einem darübergesteckten, viereckigen Rohr, das zu einer eigenwilligen, kraftvoll wirkenden Krümme gebogen ist. Der Stab ist hohl. Damit wurde die Voraussetzung nach dem Gewicht erfüllt: er wiegt etwas mehr als fünf Pfund. Eine Handbreit über der Stelle, wo er gehalten wird, sind auf Stegen und Platten vier Emaillearbeiten im Viereck um den Stab gesetzt. In Zellenschmelz (Silberdrähte bilden die Konturen der dargestellten Menschen und Gegenstände) sind folgende Motive in strahlenden Farben zu sehen: Geburt Christi, Fußwaschung, Auferstehung und Pfingsten.
Über 130 Arbeitsstunden sind für die handwerkliche Ausführung gebraucht worden. Gold- und Silberschmiedeehepaar Beatrix und Albert Classen jun. haben ein bewundernswert schönes und kostbares Stück ihrer Kunst geliefert. Kein Wunder: Auftraggeber war die Heimatpfarre des neuen Bischofs, die ihm den Stab schenkt, St. Eligius in Steele. Und der heilige Eligius ist der Patron der Goldschmiede“. Gez.: r-r

Sonntag, den 2. Oktober 1966 um 15:30, wurde Heinrich Rüth in der Essener Münsterkirche durch Ruhrbischof Dr. Franz Hengsbach, Bischof Peter Kelleter CSSp. aus Südafrika und Weihbischof Julius Angerhausen geweiht; anwesend war auch Msgr. Marcel Lefebvre, unser damaliger Generaloberer.
Bei der Übergabe des Stabes sagte der weihende Bischof: „Nimm hin den Hirtenstab für dein Hirtenamt; wenn du Fehler verbessern musst, verbinde Milde mit Strenge; halte an einem Rechtsspruch ohne Leidenschaft fest; mache die Herzen der Hörer mild und pflege die Tugenden in ihnen; übe Zucht und Strafe mit ruhigem Ernst“.

Bischofsstab von Bischof Heinrich Rüth: Geburt Christi

Geburt Christi

Bischofsstab von Bischof Heinrich Rüth: Fußwaschung

Fußwaschung

Bischofsstab von Bischof Heinrich Rüth: Auferstehung

Auferstehung

Bischofsstab von Bischof Heinrich Rüth: Pfingsten

Pfingsten

zwei Stempel aus Metall : Wappen des Bischofs

Ernennungsurkunde von Bischof Heinrich Rüth mit Stempel.

Am Stab befindet sich keine Marke, wohl aber im noch originalen Kasten der Namensaufkleber des Goldschmiedes; es findet sich am Stab auch nicht das Wappen des Bischofs; doch das erhielt ich zugleich mit dem Stab: zwei Stempel aus Metall, die sein Wappen zeigen: es ist wie das Wappen von Bischof Ritter zweigeteilt: links die Taube des Heiligen Geistes über dem Herzen Marias, rechts zwei Hände, die zwei Füße über einer Schüssel waschen, darunter die beiden (!) Wahlsprüche von Dom Henrique: „COR UNUM E ANIMA UNA – SERVIRE NON SERVIRI“: Ein Herz und eine Seele – Dienen, nicht bedient werden!“ – der erste Wahlspruch ist der unserer Kongregation, der zweite sein ganz persönlicher, den er wie kaum ein anderer in die Wirklichkeit umgesetzt hat und uns ein ständiges Beispiel bleiben wird!

Diese beiden Stäbe haben nun gemeinsam mit den Wappen einen Ehrenplatz im Museum gefunden – sie gehören natürlich der Diözese, ich werde sie so gut, wie ich kann, bewahren und hoffentlich einmal in der vom Bundesland Acre seit Jahren als Dank für die Übergabe von zwei Museen mit Indio- und Gummischneiderobjekten versprochenen Ausstellung über die Bischöfe zeigen können!