P. Herbert Douteil CSSp

Diözese Cruzeiro do Sul / Brasilien

Missionsarbeit am Oberlauf des Amazonas

Wenn Gott kein Brasilianer wäre ....
Nichts ist so bezeichnend für die Mentalität eines Volkes wie seine Sprichwörter – in ihnen spricht sich das kollektive Unterbewusstsein aus, so denkt, redet "man" (und "frau") über "Gott und die Welt", so handelt man auch, ohne sich weitere Rechenschaft abzulegen; die Sammlung von Sprichwörtern eröffnet somit den gewöhnlich verschlossenen Zugang zum Innersten der Herzen, das sich sonst nicht erschließen würde...

Nachfolgend eine Auswahl brasilianischer Sprichwörter:


Brasilien

Wenn Gott kein Brasilianer wäre .... (1)

Brasilien stand immer schon am Rande des Abgrundes – aber bislang war Brasilien immer größer als jeder Abgrund. (5)

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Gott und Teufel, Zeit und Ewigkeit

.... so Gott will! (1969)

So Gott will und Unsere Liebe Frau hilft ... (2000)

Mit Gott leg ich mich hin, mit Gott steh ich auf. (1954)

Gott hilft dem, der früh aufsteht. (1960)

Gott sieht alles, auch was der Teufel versteckt. (2008)

Jeder Heilige will seine Kerze. (1995)

Der heilige "Ich-hab´s-gewußt" ist einer, der noch nie jemandem half, weil er immer zu spät kommt. (1996)

Niemand kann dem Pfarrer das Vater-unser beibringen. (1999)

Gott gebe Dir das Doppelte von dem, was Du mir wünschst. (1988)

Wenn diese Welt gut werden soll, muß man erst eine neue machen. (2051)

Der Teufel holt das Böse, das man gewonnen hat. (2034)

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Bereitung von Farinha aus der Mandioka-Wurzel, die die Weißen bei der Entdeckung Brasiliens als von den Indios bereits kultivierte Pflanze angetroffen hatten. Nach getaner Feldarbeit mussten die Sklaven die Mandioka-Wurzel entschälen, pressen und während zwei Stunden rösten.
Arbeit und Pflicht

Eine gern getane Arbeit ist schnell gemacht. (517)

Für eine Arbeit, die man tun will, findet man immer auch ein Werkzeug. (516)

Glücklich ist, wer will, was er kann, und der nur tut, was er soll. (688)

Wer viel redet, tut wenig. (1187)

Zur Arbeit ruft man zwei- oder dreimal, zum Essen nur einmal. (521)


Geld

Das Billige wird teuer, das Gute kostet Geld. (484)

Du giltst so viel, wie du hast: hast du nichts, giltst du nichts. (442)

Geliehenes Geld geht lachend aus dem Haus, aber kehrt weinend zurück. (477)

Umsonst – arbeitet nur die Uhr, und die will noch aufgezogen werden! (523)

Wenn das Geld redet, schweigt alles andere. (455)

Ein goldbeladener Esel erreicht alles. (1255)

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Mann und Frau, Ehe und Familie

Ehe du in den Krieg ziehst, bete einmal; ehe du aufs Meer fährst, bete zweimal; ehe du heiratest, bete dreimal. (277)

Verstand und Liebe zusammen – verlangt man da nicht etwas zu viel auf einmal? (219)

Fliehe vor einer Frau, die mager ist, ohne zu fasten! Denn sie wird dich auffressen! (123)

Schönheit deckt keinen Tisch. (304)

Schwiegermutter, vergiß nie, daß auch du einmal Schwiegertochter warst! (334)


Freundschaft

Übereilte Freundschaft – sichere Reue. (367)

Von Freunden, Wein und Kaffee ist der älteste der Beste. (348)

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Rodung des Urwalds, um Platz für den Ackerbau zu erhalten. Leider nahm man keine Rücksicht auf den Boden und seltene Planzen. Dies hatte zur Folge, dass die früher alles beherrschenden Urwälder an der Küste auf wenige Prozent zurückgegangen und die Flüsse ausgetrocknet sind: "Man merkt erst dann, dass Wasser fehlt, wenn der Krug trocken ist.".
Umwelt Brasiliens heute
Der menschliche Zoo

Ein Esel stolpert nicht zweimal über denselben Stein. (1233)

Jeder Esel hat seinesgleichen. (1229)

Auch die Eule findet ihre Jungen hübsch. (1260)

Das Huhn, das goldene Eier legt, soll man nicht schlachten. (1295)

Man darf nicht mit Eiern rechnen, die die Hühner noch nicht gelegt haben. (1298)

Wer keinen Jagdhund hat, jagt mit der Hauskatze; wer keine Hauskatze hat, geht selbst in den Wald. (1333)

Die Katze, die zwei Mäusen nachläuft, fängt keine. (1346)

Wenn die Katze sich erst einmal verbrüht hat, hat sie sogar vor kaltem Wasser Angst. (1352)

Wenn die Milch gut ist, frage nicht, von welcher Kuh sie stammt. (1367)

Man muß mit den Ochsen pflügen, die man hat, man kann sich keine malen! (1392)

Ein junger Papagei lernt sprechen, ein alter lernt nichts mehr – man mag machen, was man will! (1412)

Ein geliehenes Pferd wird nicht müde. (1425)

Wer sich mit Schweinen hinlegt, steht schmutzig auf. (1451)

Auch ein junger Urubu (Aasgeier) ist weiß. (1460)

Ein hübscher Käfig mach den Vogel nicht satt. (1472)

Besser zwei Wespen in der Luft als eine in der Hand. (1474)

Ein Tag gehört dem Wild, ein anderer dem Jäger. (1339)

Wenn der Bart alles wäre, könnte der Ziegenbock predigen. (1481)

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Lernen und Weisheit

Not ist der beste Ratgeber. (76)

Was die Augen nicht sehen, fühlt das Herz nicht. (253)

Wenn dich jemand um einen Fisch bittet, lehre ihn das Fischen! (406)


Erfahrungen von Anfang und Ende und dem, was dazwischen liegt

Verkehrter Anfang – schwieriges Ende! (1491)

Was übel beginnt, endet noch übler. (730)

Eile ist die Feindin der Vollkommenheit. (833)

Übereiltes Werk – misslungenes Werk. (834)

Wer handelt mit Eile, weint mit Weile. (832)

Denke zweimal, ehe Du einmal sprichst! (796)

Der Einsichtige sagt nicht alles, was er tut, aber er tut nichts, was er nicht sagen könnte. (1142

Sag nie: Von diesem Wasser werde ich nie trinken, von diesem Brot werde ich nie essen! (1733)

Sage mir, mit wem du umgehst, und ich sage dir, ob ich mit dir gehen werde. (915)

Eine Elendshütte, in der man fröhlich lacht, ist mehr wert als ein Palast, in dem man weint. (699)

Besser eine gute Schlichtung als ein guter Streitfall. (887)

Brauch des Urwaldes kommt in die Stadt. (1522)

Der Bucklige sieht nicht seinen eigenen Höcker, sondern den des Nachbarn. (1526)

Der Korbmacher, der einen Korb flicht, flicht auch hundert, wenn er nur Material und die Zeit dazu hat. (1540)

Die Zunge hat zwar keine Knochen, aber zerbricht Knochen. (1199)

Eine gute Nachricht läuft, eine schlechte fliegt. (1682)

Es gibt kein Gutes ohne ein "aber". (726)

Es ist leichter, eine gute Tat madig zu machen, als sie nachzuahmen. (943)

Flußabwärts schieben alle Heiligen. (1564)

Große Reden beweisen noch kein großes Wissen. (1716)

Großer Aufstieg bringt tiefen Fall. (696)

Gute Manieren sind das beste Empfehlungsschreiben. (1670)

In einen verschlossenen Mund dringt keine Fliege ein. (1679)

Lieber aus allen Wolken fallen als aus dem dritten Stock. (1662)

Lieber Hammer als Amboß sein. (1659)

Man kann die Sonne nicht mit dem Sieb verdecken. (1667)

Man merkt erst dann, dass das Wasser fehlt, wenn der Krug trocken ist. (1834)

Stehende Gewässer treiben keine Mühlen. (1780)

Über Geschmack diskutiert man nicht. (1591)

Versprechungen mit dem Mund kosten nichts. (1816)

Wahrheit schmeckt bitter, nur die Lüge schmeckt süß. (1159)

Was sein soll, wird sein. (1742)

Wenn das Unglück passiert ist, haben es alle kommen sehen. (725)

Wenn einer verliert, gewinnt ein anderer. (703)

Wer Abschied nimmt, nimmt Sehnsucht mit. (1482)

Wer nicht weint, bekommt nicht die Brust. (1900)

Wer Tugenden sät, erntet Ehren. (757)

Wer Winde sät, erntet Stürme. (1174)

Wo der Wein einzieht, zieht der Verstand aus. (1842)

Wollen ist Macht. (1171)

Worte ohne Taten sind wie Federn im Wind. (1188)

Zwei Umzüge sind so viel wie ein Diebstahl, drei so viel wie eine Feuersbrunst, vier so viel wie eine Katastrophe. (1806)

Alles glauben, ist Torheit – gar nichts glauben, ist Torheit. (1113)

Ein Tor findet immer einen anderen, der ihn bewundert. (1110)

Es ist leichter für den Esel zu fragen, als für den Weisen, zu antworten. (1549)

Für den Eingeweihten genügt ein halbes Wort. (1542)

Lieber ein lebender Esel als ein toter Weiser. (1661)

Niemand hält sich für so unwissend, wie der Weise, und niemand für so wissend, wie der Tor. (1165)

Oft muß man sich an einen guten Rat erinnern, den man verschmäht hat. (1018)

Wenn du alles glaubst, was du hörst, isst du alles, was du siehst. (916)

An nichts zweifelt, wer von nichts Ahnung hat. (1202)

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Auspeitschung auf offenem Markt, in Rio de Janeiro. Sklaven, die sich eines Vergehens schuldig gemacht hatten, wurden an einen Pflock gefesselt und unter Aufsicht der Polizei ausgepeitscht. Auspeitschungen auf den Fazendas waren ebenfalls an der Tagesordnung, z.B. bei Fluchtversuch, Diebstahl, Trunksucht oder Faulheit.
Gute und Böse, Tugend und Laster

Wenn du willst, dass man gut von dir spricht, dann sprich nicht schlecht von andern. (969)

Der Böse glaubt an die Schlechtigkeit, der Gute an die Tugend. (773)

Die Tugend ginge nicht so weit, wenn sie nicht von der Eitelkeit begleitet würde. (764)

Es ist besser, in dieser Welt mit Krücken zu gehen, als in der anderen auf Schinderkarren gefahren zu werden. (763)

Es ist gut, dem Misstrauischen gegenüber misstrauisch zu sein. (963)

Niemand weiß, wo der Friedhof der Bösen liegt. (780)

Schönheit ohne Tugend ist wie eine Rose ohne Duft. (1062)

Viele Lügen sind notwendig, um eine einzige aufrecht zu erhalten. (947)

Die Lüge lebt so lange, wie die Wahrheit nicht angekommen ist. (954)

Wenn eine Opfergabe zu groß ist, wird selbst der Heilige misstrauisch. (995)

Wer einen Groschen stiehlt, raubt auch eine Million. (804)

Wer in einem Strohhaus wohnt, stecke das des Nachbarn nicht in Brand. (1091)

Wer keine Ziegenzucht hat, aber Zicklein verkauft, muß sie von irgendwoher haben. (811)

Wer nichts schuldet, fürchtet sich nicht. (1064)

Schuld zeugt Furcht. (788)


Gesundheit und Krankheit, Jugend und Alter, Leben und Tod

Alles, was war, ist der Anfang von dem, was sein wird. (2058)

Es gibt tausend Arten, zu sterben, aber nur eine, geboren zu werden. (668)

Besser ist es, das Leben als die Hoffnung zu verlieren. (47)

Wer nicht dazu lebt, dass er dient, der verdient auch nicht, dass er lebt. (50)

Diejenigen, welche sich nicht an das Vergangene erinnern können, sind dazu verdammt, es zu wiederholen. (40)

Leben bedeutet, heute den Unsinn sehen, den man selber bis gestern gemacht hat. (34)

Das Messer im Bauch des Nächsten tut nicht weh. (600)

Die Fehler des Arztes bedeckt die Erde. (633)

Gott heilt, aber der Arzt lässt sich dafür bezahlen. (632)

Gegen jeden Schmerz ist ein Kraut gewachsen. (613)

Du brauchst keinem Alten zu sagen, er solle sich hinlegen, und keinem Jungen, er solle aufstehen. (646)

Weder Papst noch König entkommen dem Tod. (651)

Es gibt nichts Gutes, das ewig währte, und kein Übel, das niemals endete. (2070)

Von der Hoffnung lebt der Mensch bis zu seinem Tod. (658)

Die Hoffnung stirbt zuletzt. (926)

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Anmerkungen
Die Zahlen beziehen sich auf die Nummer, welche das entsprechende Sprichwort in der von mir edierten Sammlung besitzt: "Wenn Gott kein Brasilianer wäre ... und andere brasilianische Sprichwörter" [120 Seiten, 24 Vierfarbseiten] - Missionsverlag Knechtsteden, 1991

Die Illustrationen finden sich in größerer Zahl ebenfalls in der Sammlung. Sie sind dem in unserem Missionsmuseum in Cruzeiro do Sul befindlichen Exemplar der 1855 zum erstenmal erschienen "Malerischen Reise in Brasilien" von Johann Moritz Rugendas entnommen. (Faksimile-Ausgabe 1986 im Daco-Verlag, Stuttgart)

Bestelladresse
Missionsprokur der Spiritaner
Knechtsteden
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