P. Herbert Douteil CSSp
Bauernhof der Hoffnung
Diözese Cruzeiro do Sul / Brasilien

Missionsarbeit am Oberlauf des Amazonas

Aktuelle Infos aus Brasilien

Cruzeiro do Sul, den 23. Februar 2015

Ja, die Zeit verfliegt – hier hat heute in unserem Großen Seminar mit einer konzelebrierten Messe das neue Schuljahr begonnen: acht Seminaristen haben wir dort im Studium der Philosophie, die sieben anderen, die schon in der Theologie sind, studieren in Rio Branco.

Auch sonst gibt es einiges Neues zu berichten, auch wenn sich die Nachricht stets wiederholt, dass wir beim "Jesuskind von Nazareth" unsere Pflicht weiterhin so gut, wie es nur möglich ist, tun – insgesamt sind es knapp 80 Kinder und ihre Familien, die wir betreuen dürfen.

Der „Hof der Hoffnung“ in Mâncio Lima gibt weiterhin Anlass zur Hoffnung, dass auch in diesem Jahr weitere Jugendliche aus den Fangarmen der Drogen befreit werden können – in den vier Jahren des Bestehens sind es bis jetzt 24! Die Fischteiche sind wieder gefüllt und die Fische wachsen heran, die große Halle für die Werkstätten ist im Rohbau fertig, ein Teil hat schon den Plattenfußboden – in den nächsten Wochen wird die Bäckerei eingerichtet werden können, wenn die Fische schlachtreif sind, dann auch die Fischverarbeitungsanlage. Es geht also weiter – Gott sei es gedankt!

Bauernhof der Hoffnung

Werkstätten im Bau

Werkstätten im Bau

Meine Arbeit am Radio geht auch weiter – ich habe die insgesamt 62 jeweils 15 Minuten langen Kurz¬programme des Morgen- und Abendgebetes für einen ganzen Monat erneuert. Die 30 Minuten langen Langprogramme habe ich bis einschließlich Ostern fertig. Es war viel Mühe, bis ich so weit kam!

Bei der Geistlichen Gemeinschaft „Shalom“ hatten wir zu Fastnacht ein Exerzitienwochenende, an dem knapp 100 Jugendliche teilgenommen haben. Dieses Wochenende stand unter dem Stichwort „Neugeburt“ und umfasste das gesamte geistliche Spektrum von Neuentdeckung des Wertes der Taufe über den Wert der Beichte, der Kommunion und der Ehe – ich hatte viel zu tun, die Beichten zu hören! Doch als ich am Samstag wieder die Messe hatte, musste ich beim Betreten des großen Raumes ein wenig schmunzeln, als ich an der Wand das Stichwort „Neugeburt“ las, aber das dazugehörige „Ich will meine“ abgefallen auf dem Boden liegend. – Scherzhaft fragte ich dann bei der Einleitung zur Messe, ob die guten Vorsätze schon „abgelegt“ seien und „mit Füßen getreten werden könnten“? – Ein entschiedenes „Nein!“ war die Antwort.

Wenn ich heute einmal auf die brasilianische Innenpolitik schaue, so sieht es da so unendlich schwarz aus, wie es nur das frische Erdöl sein kann – und das meine ich wörtlich. Denn die Regierung und die Regierungspartei PT (Partido dos trabalhadores = Arbeiterpartei) ist in einen so unglaublichen Skandal wegen Unterschlagungen bei der staatlichen Erdölverarbeitungs- und –vermarktungfirma „Petrobras“ verwickelt, dass die gestohlenen Werte einige hundert Milliarden übersteigen. Die Firma selbst, die einmal die reichste der ganzen Welt war, hat inzwischen so viel Vertrauen verloren, dass die Aktien um 65% an Wert verloren haben – ein zusätzlicher Verlust in Höhe von unschätzbaren Hunderten von Milliarden für das Volksvermögen.

Inzwischen wurden auch die Wahlversprechungen der wiedergewählten Regierung in einer Weise „eingelöst“, dass genau das Gegenteil von dem getan wurde, was vor der Wahl noch gültig sein sollte – der Preis z.B. für Treibstoffe, Elektrizität und Wasser wurde auf einen Schlag um 35% angehoben und auch Sozialleistungen zurückgefahren. Die verbreitetste Wochenzeitschrift „Veja“ hatte vor drei oder vier Wochen folgendes Titelbild: Es zeigte zweimal das Foto der Präsidentin Dilma Rousseff – einmal in blauer Farbe nach oben mit dem Wort „Versprechung“, wo sie sagte: „Es wird keine Gebührenerhöhung geben“ - „Ich werde die Zinsen nicht erhöhen“ - „Ich ändere das Arbeitsrecht nicht“ - „Die Erziehung hat Vorrang“, das andere Mal in gelb nach unten mit dem Wort „Wirklichkeit“: „Sie wird die Gebühren um 30% erhöhen“ – „Sie ließ die Zinsen ansteigen“ – „Sie hat die Arbeitslosenversicherung schwieriger gemacht“ – „Sie hat die Gelder für die Erziehung gekürzt“. Wer erinnert sich da nicht an das Wort von Bismarck: „Es wird nie so viel gelogen wie vor einer Wahl, während des Krieges und nach einer Jagd“, aber auch an das Sprichwort: „Wer einmal lügt...“ Dass das Gespenst von einem erneuten Einfrieren von höheren Bankguthaben umgeht, wie es schon einmal vor zwanzig Jahren gewesen war, als die damalige Regierung Collor die monatliche Inflation von ca. 40% nicht anders in den Griff zu bekommen glaubte, kann man sich vorstellen, weil das Geld nun fluchtartig das Land verlassen will.